
Das neoklassizistische Grand Théâtre ist ein massives, schnörkelloses Gebäude, das wie aus einem Block gehauen wirkt. Es nimmt ein Rechteck mit einer Grundfläche von 1650 m² ein. Seine Hauptfassade, die von einer langen Balustrade überragt wird, weist eine monumentale Peristyl-Terrasse auf. Das Erdgeschoss besteht aus Kalkstein mit Buckelquadern und einem drei Felder umfassenden Eingangsportikus in der Mitte.
Im zweiten Stockwerk erhellen fünf Rundbogenfenster, die durch antike Säulen voneinander getrennt sind, das Foyer.
Dieses Gebäude ersetzt das alte Theater "La Bonbonnière" am Place Verte, das 1822 eingeweiht worden war. Warum wurde das Gebäude verändert? Zwei Hauptgründe: Größeres Bauen und vor allem höhere Sicherheitsstandards.
Als das Projekt in den Köpfen der Behörden entstand, wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Einunddreißig anonyme, aber betitelte Entwürfe wurden eingereicht. Der Entwurf mit dem Titel "Se fera-t-il?" wurde ausgewählt. Es handelte sich um das Projekt des Architekten Thirion, der fast parallel dazu das benachbarte Gebäude "Le Manège" errichten sollte.
Seit der Einweihung 1892 fanden hier Aufführungen, Opern und Operetten (Verviers hatte seine eigene Theatergruppe), Musicals (u. a. mit Annie Cordy und ourvil), Konzerte (mit berühmten Namen auf dem Programm) und Musikwettbewerbe statt. Besonders berühmt ist der internationale Wettbewerb "Vieuxtemps", ein weltberühmter Komponist und Interpret aus Verviers, der talentierte Geiger aus der ganzen Welt anlockte.
Im Inneren des Gebäudes befindet sich eine große Ehrentreppe aus Marmor.
Seitlich sind die beiden Treppen hufeisenförmig und die Säulen neokorinthisch. Wir entdecken auch die Büsten von Henri Vieuxtemps und Roberto Benzi. Dieses Dekor war nur für die Reichsten sichtbar. Die heutigen Glastüren waren damals nämlich aus Holz.
Das Volk hingegen betrat das Gebäude durch die kaum sichtbaren Seitentüren aus Holz und gelangte über blinde Treppen ins "Paradies".
Die reiche Innenausstattung im Stil "Louis XIV" (Vergoldungen, Deckenleuchte) ist recht gut erhalten. Die Decke ist mit mythologischen Darstellungen geschmückt, die von dem Lütticher Maler Berchmans angefertigt wurden. Das Theater war das erste in Belgien, das vollständig elektrifiziert wurde. Der große Saal bietet Platz für 1.350 Personen.
Das Grand Théâtre de Verviers, das 2003 unter Denkmalschutz gestellt wurde, wird seit 2016 in die Liste des außergewöhnlichen Kulturerbes von Wallonien aufgenommen.